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Die Würde des Menschen ist unantastbar

Mucksmäuschenstill ist es, als Ivar Buterfas-Frankental am vergangenen Mittwochabend im Aachener Stadttheater von seiner schreckensreichen Kindheit zur Zeit des Nationalsozialismus erzählt. Gespannt lauschen 700 Schüler*innen verschiedener Aachener Schulen einem der letzten Zeitzeugen der Judenverfolgung:

Ivar Buterfas-Frankenthal wurde am 16. Januar 1933 als jüngstes von acht Kindern in Hamburg geboren. Sein jüdischer Vater wurde bereits 1934 in Gefangenschaft genommen. Die christliche Mutter zog die Kinder von da an unter den zunehmenden Repressalien der Nationalsozialisten alleine auf.

Gespannt lauscht das Publikum, als er davon erzählt, wie er kurz nach seiner Einschulung vor den Augen und Ohren allen Mitschüler*innen aus der Schule entlassen wurde, wie ältere Kinder ihn noch regelrecht jagten, erwischten und dann versuchten ihn zu verbrennen. Als kleiner Junge verstand er die Welt nicht mehr: Was bedeutet es Jude zu sein? Und warum konnte man der Polizei nicht vertrauen?

1942 wurde ihm und seinen Geschwistern die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen und ihnen drohte die Deportation. Die Familie floh zunächst in die Tucheler Heide in Westpreußen. Dort auf dem Land verbrachte er den wohl unbeschwertesten Teil seiner Kindheit, bis er und seine Geschwister wieder aufgrund ihrer jüdischen Abstammung in Gefahr gerieten. Die Mutter entschied sich mit den Kindern zurück nach Hamburg zu ziehen und dort unterzutauchen. Er schildert, wie sich die Familie in einem Keller versteckt hielt. Auf abenteuerlichen und gefährlichen Wegen organisierten er und seine Geschwister alles, was sie zum Leben benötigten. – Kaum vorstellbar für viele der Zuhörenden.

Immer wieder macht der alte Herr die wichtigste Intention seines Vortrags deutlich: Eine solche Katastrophe darf nie wieder geschehen! Und jeder Einzelne kann hierzu etwas beitragen!

So wie auch er und seine Familie immer wieder auf mutige Menschen getroffen sind, die sie heimlich unterstützten, sei es durch Lebensmittel oder auch durch lebenswichtige Informationen, die sie vor der Deportation in ein Konzentrationslager bewahrt haben!

Trotz der jahrelangen Bedrohung und Verfolgung während des Nationalsozialismus, die ihn auch heute noch seelisch sehr belasten, hat er Deutschland nie verlassen. Buterfas-Frankental ist stolz auf die Demokratie in unserem Land, welche Freiheit und Würde jedes einzelnen Menschen garantiert. Er nennt Deutschland „eines der schönsten Länder der Welt“.

Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Bewegungen macht er sich jedoch große Sorgen und ruft daher immer wieder seine Zuhörer auf, für Demokratie, Freiheit und Menschenwürde mit Zivilcourage einzutreten und sie zu bewahren.

Vielen Zuschauer*innen ist sein Vortrag unter die Haut gegangen. Sie waren zutiefst berührt davon, dass ein Mensch mit jüdischen Wurzeln, der den Nationalsozialismus am eigenen Leib erfahren und erlitten hat, ihnen offen auf Augenhöhe begegnet. Trotz des großen Theaterraumes haben viele abschließend den Mut die Ränge zu verlassen und auf die Bühne zu treten, um Ivar Buterfas-Frankental ihre ganz persönlichen Fragen zu stellen. Und er steht geduldig Rede und Antwort, wobei er oft keine Patentrezepte liefert, sondern die jungen Menschen dazu auffordert, selbstständig zu reflektieren, Entscheidungen zu treffen und zu handeln. Und der Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes soll dabei immer die höchste Handlungsmaxime, nicht nur aller staatlichen Gewalt, sondern jedes Einzelnen sein:

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

 

Ein besonderer Dank gilt alle jenen, die diese Veranstaltung organisiert und möglich gemacht haben: Frau Kleine-Finke und Herrn Folsche für die Organisation und Durchführung, den Vertretern der Stadt Aachen und der Städteregion für ihre Unterstützung, dem Stadttheater, für das Bereitstellen des beeindruckenden Raumes sowie dem Verleger Klaus Maresch, der Buterfas-Frankental bei seinen Auftritten begleitet und unterstützt, weil sein Herz – bei aller Skurrilität des öffentlichen Auftritts seines Verlags – für die Unterstützung vor allem benachteiligter Jugendlicher schlägt.

Herzlichen Dank auch an den Fotografen Jens Reimeders für die schönen Fotos der Veranstaltung

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